Das Schütteln

Noch zu Lebzeiten erfuhr Hahnemann Kritik an seinen Prinzipien, aber er war von der Wirksamkeit seiner Arzneien felsenfest überzeugt.

Neben dem Verdünnungsprinzip kam jetzt bei jedem Verdünnungsschritt noch das Schütteln dazu.

Bevor eine Verdünnung verwendet werden konnte, muss sie 10-mal auf eine Oberfläche geschlagen werden, die z.B. ein in Leder gebundenes Buch. So steht es in dem Lehrbuch Hahnemanns, dem Organon (11), welches noch heute von Homöopathen verwendet wird.

Dadurch geht „Energie“ und die Informationen aus der Urtinktur in die Lösung und verstärkt ihre Wirkung und führt zu dem Paradoxon, das zwar immer weniger von der Ursubstanz vorhanden ist, aber der „Energiegehalt“ nimmt von Stufe zu Stufe zu und verstärkt dadurch die Wirkung.

Das Wasser hat demnach ein Gedächtnis…

Um die Wirkung erklären zu können, musste etwas her…nahm Hahnemann (9):

geistartigen Kräften in der Materie auf und verbastelt sie in seiner Theorie.

Damit das funktioniert, muss der Geist aber mechanistisch werden, quantifizierbar, und – wenn auch mit magischem Ritus -, hervorrufbar. Außerdem muss die geistartige Kraft, die bislang untrennbar mit der Materie verbunden ist, plötzlich losgelöst sein, eigenständig, übertragbar auf andere Materialien und letztlich auf den Menschen. Der magische Ritus ist das systematische Stoßen des Mischgefäßes auf das in Leder eingebundene Buch, um die geistartigen Kräfte freizusetzen.

Wir lesen in § 269 des Organon:

„Die homöopathische Heilkunst entwickelt zu ihrem besondern Behufe die innern, geistartigen Arzneikräfte der rohen Substanzen, mittels einer ihr eigenthümlichen, bis zu meiner Zeit unversuchten Behandlung, zu einem, früher unerhörten Grade, wodurch sie sämmtlich erst recht sehr, ja unermeßlich – durchdringend wirksam und hülfreich werde …“

Damit nun keiner auf den Gedanken kommt, diese geistartigen Kräfte messen oder auf andere Art belegen zu wollen, greift Hahnemann zu einem Trick, auf den in der Welt der Homöopathen bis heute noch jeder hereingefallen ist.
In § 20 des Organons erklärt er:

Diese im innern Wesen der Arzneien verborgene, geistartige Kraft, Menschenbefinden umzuändern und daher Krankheiten zu heilen, ist an sich auf keine Weise mit bloßer Verstandes-Anstrengung erkennbar; bloß durch ihre Äußerungen beim Einwirken auf das Befinden der Menschen, läßt sie sich in der Erfahrung, und zwar deutlich wahrnehmen.“

Das ist ja mal richtig spannend: Das Phänomen, das ich behaupte, kann ich zwar nicht belegen, aber ich erkläre einen beliebigen Effekt als durch das Phänomen verursacht. Und immer, wenn der Effekt auftritt, ist das belegbare Phänomen bewiesen. Das Ergebnis ist fatal: Generationen von Homöopathen spüren nun diesen Erfahrungen nach – und sie machen diese Erfahrungen; diese Heilserfahrungen, von denen Hahnemann spricht. Und sie fühlen sich selbst und den Altmeister in seinen Vorstellungen bestätigt

aus (9).