Umfang und Gründe für Overtourism

Aber schauen wir zunächst auf das große Ganze, welchen Umfang hat der Tourismus in der Weltwirtschaft?

Eine in 2018 prognostizierte Zahl ging von 1,4 Milliarden Touristen in 2020 aus. Wie wir alle wissen, ist es ja doch anders gekommen. Sie zeigt aber deutlich die Dimension auf, über die wir hier reden.

Weltweit gesehen, ist das auch ökonomisch das größte „Wirtschaftsgut“, mehr als alles andere. Die Touristen geben ca. 7.000 Milliarden $ im Jahr aus, das ist schon viel Geld und 10% der Weltwirtschaftsleistung! Von dem Kuchen wollen viele was von ab haben…

Quelle UNWTO, Weltbank

Parallel dazu stieg natürlich die Zahl der Flugpassagiere immens an und hat sich seit 1997 fast verdreifacht.

Quelle UNWTO, Weltbank

Die Preise für Fliegen sind in den letzten Jahren deutlich gesunken (Zwischen 1995 und 2016 in Europa um 95%). Durch die Markstellung von Ryanair im Low-Cost Bereich waren andere Fluglinien auch gezwungen mitzuziehen. Auf den Philippinen wirbt „Cebu Pacific air“ mit: now everyone can fly (Jetzt kann jeder fliegen)! Und das tun sie auch!

Quelle UNWTO, Weltbank

An den Flughäfen herrscht das Chaos pur. Die Anzahl der Fluggäste von deutschen Airports war 2014 noch 104 Mill, 2017 schon 117 Mill., die Anzahl der Verspätungen wird sicher steigen, lag sie doch laut IATA im ersten Hj 2018 schon bei 133 %.

Gründe für Overtourism

Es werden in verschiedenen Quellen im wesentlichen drei Gründe für Overtourism aufgeführt : (aus Julia Wendorff)

  1. Wachsende Reisemärkte in Asien, insb. China

    In 2017 unternahmen Chinesen mehr als 4 Milliarden Reisen ins eigene Land und 130 Millionen Überseereisen (nicht mitgezählt sind diejenigen, die über Singapur oder Bangkok fliegen, da kommt dann noch eine hohe Zahl dazu). Damit sind sie sicher Weltmeister im Reisen. Die Gründe dafür sind ähnlich wie überall, wachsender Reichtum, einfache Buchungsmöglichkeiten, Zugang zu westlicher Währung und vereinfachte Visa-Verfahren, 2 siebentägige Urlaube im Jahr. In den Länder, die die Visumpflicht für Chinesen gelockert ober aufgehoben haben, stieg der Anteil der Ostasiaten sprunghaft rapide an.
    Uber diese Bevölkerungsgruppe werde ich weiter unten nach näher eingehen…

  2. Erschwingliche Preise und einfacher Komfort

    Wie oben schon erwähnt, sanken die Preise für das Fliegen drastisch, dazu kamen die günstigen und einfach zu buchenden Übernachtungsmöglichkeiten wie z.B. AirBnB. Couchsurfing tat ein Übriges.

  3. Demografischer Wandel und Sensibilisierung

    Menschen werden immer älter und reisen deswegen auch länger. Sie wollen bestimmte Ort „noch einmal sehen“ solange sie es noch „können“. Aber den größten Einfluss in diesem Segment sind „social media“. Viele Orte werden nur danach ausgesucht, wie „instagrammable“ sie sind. Eine weitere Plattform ist Tripadvisor, von vielen Orten gibt es tausende von Bildern und dann muss es ja was sein! Also nix wie hin!
    40-60% der meist jugendlichen Reisenden, suchen sich ihre Ziele bei Instagramm aus.

    Ein Beispiel dafür ist der Pragser Wildsee in Südtirol, von dem es auf Instagramm 150.000 Bilder gibt(!).
    Die kleinen Orte ringsum sind völlig überlaufen, Dreck, Müll und Verkehrschaos.
    Ein vergleichbarer Ort ist in Norwegen: Hier stieg die Zahl der Besucher zwischen 2009 und 2014 von 500 auf 40.000, 100.000 Einträge auf Instagramm!

    Aus der Spiegel 17.10. 2018.

In dem gleichen Spiegel Artikel ist Paolo Giuntarelli, studierter Soziologe aus Rom zitiert:

„Massentourismus ist ein Phänomen unserer postmaterialistischen Gesellschaft. Besitz ist nicht mehr vorrangig – wir wollen unterhalten werden.“