Vorgeschichte

Um 1830 konsumierte jeder Amerikaner über 15 Jahre durchschnittlich 88 Flaschen Whisky im Jahr, drei Mal so viel wie heute. Die Ausgaben der Amerikaner für Alkohol waren höher als die Gesamtausgaben der Regierung. Konsequenter Weise folgten daraus zunehmende soziale Probleme. Die immer mehr trinkenden Männer vernachlässigten ihre Familie, Frauen und Kinder. Alkoholabhängige füllten de Armenhäuser und die Gefängnisse.

Um dieser Trunksucht ein Ende zu bereiten, schlossen sich am 12.4.1840 einige bekennende Alkoholiker zusammen und schworen sich, nie wieder zu trinken. Diese „Washingtonians“ Bewegung wuchs schnell und hatte ca. 600.000 Mitglieder, konnte sich aber nicht durchsetzen, weil sie sich vor allem gegen die Kirchen wandte und behaupteten, um jemanden von der Trunksucht zu befreien, die Kirche unwichtig ist. (einige Historiker sehen in dieser Bewegung Übereinstimmungen mit der modernen AA Bewegung, die ähnlich Ziele verfolgt, indem sie eine Hilfe zu Selbsthilfe leistet). Um Mitglieder anzuwerben, veranstaltete sie öffentliche, pathetische feierliche Gelübde (pledges) und versprachen durch „Widergeburt“ soziale Anerkennung und „Aufstieg“.

Den Kirchen war diese Bewegung allerdings ein Dorn im Auge. Diese befand sich grade in der Phase des „2. Erwachens“ (second great awakening) in Folge dessen sich die noch heute bestehenden evangelikalen Ausprägungen und Logenbewegungen (Templer, Dry Masons etc.)  bildeten.

Es gründete sich daraufhin eine sogn. Temperence-Bewegung (Enthaltsamkeit), die es sogar schaffte, zeitweilig in einigen Bundesstaaten die Prohibition gesetzlich zu verankern (z.B. in Maine), allerdings wurden diese Gesetze bis Ende 1850 wieder aufgehoben.

Der amerikanische Bürgerkrieg durchbrach diese Bestrebungen den Alkohol zu verbannen und man trank wieder, auch um die Schrecken des Krieges zu vergessen.

Die Regierung in Washington sah sich, um den Krieg finanzieren zu können, gezwungen, die Herstellung und den Verkauf zu besteuern.  Innerhalb weniger Jahre wurde 1/3 des Bundesetats durch Alkoholsteuer finanziert.

1869 gründete sich die „Prohibition Party“, hervorgegangen aus den Logenbewegungen, sowie der 1872 gegründeten „National Woman’s Christian Temperance“ (nationale Frauen christliche Enthaltsamkeits Bewegung ). (die Begriffe Prohibition (Verbot) und Temperence (Mäßigung) verschwammen bald zu einem Synonym und bedeuteten totale Enthaltsamkeit).

1873 erregten in Ohio sogn. „Women’s Crusads“ (Frauen Kreuzzüge) große Aufmerksamkeit. Nach dem Kirchgang zogen die Frauen in die Saloons und baten darum, Gottes Wort verkünden zu dürfen und bewegten die Männer, dem Alkohol zu entsagen. Sie zogen auch vor Apotheken und Arztpraxen, um von den Inhabern zu verlangen, auf die Verschreibung und Verkauf von alkoholischen Getränken zu verzichten (was bis dahin durchaus üblich war, denn Alkohol wurde als Mittel gegen diverse Krankheiten verordnet, was auch viele in die Sucht trieb).

Unter Jubel der Bevölkerung wurde der Inhalt von Flaschen und Fässern in die Gosse entleert…

In den großen Städten stießen die betenden Frauen allerdings auf Widerstand, da hier durch die neuen Einwanderer aus diversen Europäischen Ländern (u.a. aus Deutschland), eine völlig andere Struktur herrschte. In Cincinnati trieb die Feuerwehr die betenden Frauen mit eiskaltem Wasser auseinander, Wirte übergossen sie mit Bier.

Diese Aktionen waren allerdings lokal begrenzt und führten aber zu der Gründung der „Women’s Christian Temperence Movement“ (Christliche Frauen-Bewegung für Enthaltsamkeit), die aus der eher kirchlichen eine soziale Bewegung machte, die 1911 245.000 Mitglieder in den USA hatte und in 47 Nationen vertreten war.

Geführt wurde sie von Francis E. Willard, einer resoluten Dame, die später auch die Welt-Vorsitzende war. Sie verband auch geschickt ihre Ziele gegen den Alkohol mit dem der Forderung des Frauenwahlrechts und tatsächlich sind diese beiden Forderungen ab dieser Zeit eng miteinander verbunden.

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Eine der bemerkenswertesten Frauen in diesem Umfeld war eine gewisse Carry Nation, eine radikale Anhängerin der Temperence Bewegung von sehr stattlicher Natur. Sie sah sich als „Bulldogge, die zu Füssen von Jesus rennt und alles anbellt, was er nicht mag.“

Am 5.6.1900 hatte sie eine Erscheinung, die ihr befahl „nach Kiowa (in Kansas) zu ziehen. Ich werde dir bestehen!“ Sie fasste das als direkten Auftrag von Gott auf und zerschmetterte den Alkoholbestand in einem Saloon mit Steinen.  Kurz darauf fegte ein Tornado über Kansas und das verstand sie als positives Zeichen Gottes.

Später wurde ein kleines Beil ihr Erkennungswerkzeug, von dem sie auch Kopien als Souvenirs auf Grund ihrer wachsenden Popularität verkaufte. Sie zog durch die Kneipen und Saloons, berserkerhaft die Flaschen zerschmetternd und wurde 32 Mal verhaftet. Sie starb 1911, auf Grund von mentalen Problemen, unter denen auch schon ihre Mutter und Geschwister gelitten hatten.

In vielen Kneipen prangte ein Schild: All Nations welcome, except Carry. (alle „Nations“ willkommen, nur nicht Carry)

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Nach dem Bürgerkrieg strömten ab ca. 1860 hunderttausende neue Siedler in die Städte und aufs Land, die neben ihren Sitten und Gebräuchen auch ihre Trinkgewohnheiten mitbrachten. Diese Menschen wollten sich auch nicht der protestantischen angelsächsischen Kultur unterwerfen und so langsam entwickelte sich eine Art „Multikulti“ Kultur, die ja heute noch in New York und anderen Städten zu bestaunen ist.

Als ich noch „in Arbeit“ war, hatten wir vor vielen Jahren in München ein Meeting. Mittags kam eine Kellnerin hinein und servierte Häppchen. Dazu öffnete sie völlig selbstverständlich einige Flaschen Weißbier. Als wir dankend ablehnten, brach für die Frau eine Welt zusammen…Eine Welt ohne Bier und auch schon tagsüber ist für einen Bayern unvorstellbar…

Wein ist für Italiener und Franzosen zum Essen einfach nicht wegzudenken und gehört einfach dazu wie Fleisch und Gemüse. Wenn Christus in der Prohibition gelebt hätte, wäre er glatt eingesperrt worden…eine undenkbare Vorstellung.

Vor allem deutsche Bierbrauer (z.B . Annheuser, Baltz, Stroh, Miller, Pabst u.v.a.m.) scheffelten in den Jahren bis zur Prohibition ein Vermögen an. Sie schlossen sich zu dem Verband amerikanischer Bierbrauer zusammen, ihre Publikation erschienen auf Deutsch.

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